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Wie die meisten sicher schon wissen, ist Ende des Jahres 2018 der Pachtvertrag der Liebig 34 mit dem Immobilienspekulanten Padovicz, dem in Berlin mehr als 2.000 Objekte gehören, ausgelaufen. Seitdem leben wir ohne Vertrag aber nach wie vor glücklich und zufrieden in der Liebig34, lieben unser Haus wie eh und je und sind zu allen Schandtaten bereit es mit euch verteidigen. Padovicz und der Senat werden uns hier nicht rauskriegen, denn das ist unser Haus!
Heute wollen wir euch über unsere aktuelle Situation inormieren.
Was bisher geschah:
Vor knapp einem Jahr, im April 2018, adressierten wir einen Brief an unseren Hauseigentümer GijoraPadovicz, in dem wir unser Interesse mitteilten, auch nach 2018 „legal“ in unserem Haus bleiben zu wollen. Eine Reaktion blieb aus. Im Sommer lud uns Baustadtrat Florian Schmidt zu einem Gespräch ein. Nach langen hausinternen Diskussionen lehnten wir dies als Liebig34 Kollektiv ab. Zu wenigwas wir uns davon erhofften, zu viel was wir von unseren Überzeugungen hätten ablegen müssen. Dennoch war die Neugier, das Interesse an Informationsgewinnung trotz aller Bedenken und diebestehende Hoffnung bei Menschen nicht zu verleugnen, sodass sich interessierte Einzelpersonen aus der Liebig34 in Absprache mit dem Kollektiv mit Florian Schmidt trafen. Hierbei bot jener uns an, ein Treffen mit Padovicz zu organisieren, wozu wir als Kollektiv zähneknirschend zustimmten, um Informationen von ihm selbst zu erhalten.
Im September demonstrierten Tausende für den Erhalt der Liebig34 und gegenGentrifizierung. Zeitgleich wurde eine Wohnung im Weidenweg 63, einem seit Jahren leer stehenden Padovicz Haus in unmittelbarer Nachbarschaft, besetzt.Im gleichen Zeitraum wurde ein erstes Treffen mit Gijora Padovicz von ihm abgesagt, aber im Oktober 2018 nachgeholt. Padovicz betonte bei diesem Treffen, dass er froh sei,wenn er uns los sei und uns räumen lassen möchte. Weiterhin warf er uns vor, eine Hetzkampagne gegen ihn zu führen. Ergebnislos beendeten wir das Gespräch.Im November reichte der Anwalt von Padovicz, Ferdinand Wrobel (welcher laut der Kanzleihomepage „insbesondere Vermieter,Grundstückseigentümer und Hausverwaltungen vertritt“ aus der Kanzlei LASCAR am Kurfürstendamm) bei Gericht die Räumungsklage ein.
Aktuelles:
Der Bezirk, in Persona Florian Schmidt, versucht seitdem das offensichtliche Risiko der Eskalation zu minimieren und die Situation zu befrieden. Laut ihm wolle man die Situation im Friedrichshainer Nordkiez nicht eskalieren lassen und bemühe sich im stillen Kämmerchen -ohne uns als Kollektiv einzubeziehen- mit Padovicz auf eine Einigung hin zu arbeiten, die ihn und uns zufriedenstellt. Dazu sollten wir natürlich die Füße still halten. Im Dezember wurde uns mitgeteilt, es gäbe Bemühungen bis Ende Februar ein Ersatzgrundstück für Padovicz im Austausch für die Liebigstraße 34 zu finden, sodass das Liebig34 Kollektiv bleiben könnte. Dem wurde vermutlich nie nachgegangen. Stattdessen diskutiert der Senat bereits heimlich darüber, wie wir schnellstmöglichst geräumt werden können, um negative Imageauswikungen für die kommenden Wahlen zu vermeiden. Politik und Eigentümer wollen uns räumen lassen und auf juristischer Ebene liegt die Klage bei Gericht vor. Diese wird vermutlich innerhalb der nächsten Monate verhandelt und entschieden werden. Wir sind nicht mit dem Status quo, mit Hierarchien, den sogenannten „Rechtsstaat“ und staatlicher Kontrolle einverstanden. Daher werden wir uns nicht mit einer „rechtlichen“ oder „politischen“ Entscheidung zufrieden stellen lassen! Wir sind wütend darüber, dass Wohnraum als Ware gehandelt wird unddass mit ihm spekuliert wird, darüber, dass Menschen in die Vereinzelung gezwungen werden, darüber, dass wir mehr Lohnarbeiten sollen, um uns überhaupt noch ein Dach über dem Kopf leisten zu können, darüber, dass die, die über das Kapital verfügen so auch über das Leben anderer verfügen können und darin auch noch vom Staat geschützt und bestärkt werden. Wir wollen nicht nur unseren eigenen Arsch retten während die Stadt, die wir lieben, ausverkauft wird, gegen den Willen der Menschen, die darin leben, sie gestalten und welche flächendeckend unter Gentrifizierung und Verdrängung leiden.
Geisel, Schmidt und Padovicz sitzen an einem Tisch. Nicht mit dabei sind die dirty Queerfeminist*innen, um deren Haus es geht. Ein Eigentümer, dem die halbe Stadt gehört und zwei Politiker, drei hochrangige cis-Typen, die über die Zukunft eines queer-feministischen Hauses verhandeln, als würde es ihnen gehören und nicht uns, den Menschen, die darin wohnen und die es nutzen. Doch wir werden bleiben und kämpfen, egal wie deren Machtspiele verlaufen.Denn die Frage wie viele cis-Typen es braucht, um über die Zukunft eines queer-feministischen Hausprojekts zu entscheiden ist schnell beantwortet: keinen einzigen!
Was wir wollen:
Wir fordern, dass Padovicz uns Bewohner*innen das Haus unentgeltlich überlässt. In den letzten zehn Jahren haben wir mehr als genug für das Haus bezahlt, es instand gehalten und alles in ihm und um es herum organisiert. Padovicz hat 2008 den Bewohner*innen der Liebig34 das Haus weggekauft und lediglich einen Pachtvertrag ausgegeben, um -vermutlich wissentlich- Mietrecht für Wohnraum zu unterwandern. Inzwischen hat das Objekt durch die Aufwertung des Kiezes deutlich an Wert gewonnen. Wie praktisch für ihn, der doch in den letzten zehn Jahren keinen Cent investiert und keinen Finger krumm gemacht hat. Für Padovicz ist unser Haus nur eine weitere möglicherweise gewinnbringende Immobilie. Für uns ist es ein Schutzraum gegen die Zumutungen des Patriarchats und des Kapitalismus. Ein Ort an dem wir versuchen Alternativen zu diesen Herrschaftsformen zu leben jenseits des cis-sexistischen Alltags und des Normalzustands von Ausbeutung und Hierarchie. Ein Ort an dem unser Herz hängt. Ein Ort des Widerstands.
Wir fordern die Enteignung aller Immobilienspekulant*innen! Wir fordern die Übertragung des Hauses Liebigstraße 34 an die Bewohner*innen! Wir fordern den Erhalt aller bedrohten Objekte, denn es kann nur eine gemeinsame Lösung geben!
Wir fordern wir die Abschaffung der sogenannten Berliner Linie!
Wir Bleiben Alle. Gegen Patriarchat, Eigentum und Ausbeutung.
Für eine befreite, solidarische Gesellschaft! Das Kollektiv der Liebig34